Aktuelles 1/2014 (neues Punktesystem)

Der Gesetzgeber in Person von Bundesverkehrsminister Ramsauer beabsichtigt, das Verkehrszentralregister und Punktesystem grundlegend zu ändern. Es mutet an, dass die in den Medien viel beachtete Punktereform eher der Profilierung eines ansonsten blassen Verkehrsministers als der Verkehrssicherheit oder irgendeinem anderen nachvollziehbaren Zweck dienen soll.

Obwohl die Neuregelungen 2014 in Kraft treten sollen, ist noch weitgehend unklar, wie deren Umsetzung erfolgen soll. Es ist davon auszugehen, dass gerade die Umstellung der Punktestände zu erheblichen Ungereimtheiten führen wird.

Derzeit drohen bei Verkehrsordnungswidrigkeiten (bspw. Geschwindigkeits- und Abstands- oder Rotlichtverstöße) ab einer gewissen Erheblichkeit ein bis vier Punkte im Verkehrszentralregister. Bei Verkehrsstraftaten (bspw. Alkohol, Unfallflucht, fahrlässige Körperverletzung) drohen fünf bis sieben Punkte. Beim Erreichen von 18 Punkten steht der Führerscheinentzug.

Das bisherige System ist nach Auffassung des Autors differenziert und hat sich bewährt. Außerdem gibt es für auffällige Verkehrsteilnehmer eine Reihe von Warnfunktionen und damit auch Möglichkeiten, das Verhalten zu ändern, um damit einem Führerscheinentzug zu entgehen. Dies geschieht durch Verwarnungen und Hinweise auf die freiwillige Teilnahme an einem Aufbauseminar oder einer verkehrspsychologischen Beratung. Hierdurch können auch Punkterabatte erreicht werden. Warum man dieses über Jahrzehnte bewährte und auch nachvollziehbare System derart grundlegend verändern will, ist vollkommen unklar. Vor allem kann nicht nachvollzogen werden, was damit eigentlich erreicht werden soll.

Nach den bisherigen Bekundungen des Gesetzgebers soll es zukünftig für die Frage, ob ein Punkteeintrag erfolgt, auf die Bedeutung für die Verkehrssicherheit ankommen. In diesem Zusammenhang wird immer wieder das Paradebeispiel einer fehlende Plakette in einer Umweltzone angeführt, wofür es bislang einen Punkt gibt. Nun mag man darüber streiten, ob es sinnvoll ist, für ein solches (in der Regel immerhin vorsätzliches) Vergehen einen Punkt einzutragen. Aber um dies zu ändern, hätte es ganz bestimmt nicht der nun angestrebten weit reichenden Änderung des Punktesystems bedurft.

Man darf vor allem gespannt sein, wie man es bei anderen Delikten mit Punkteeinträgen hält. Beispielsweise ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort stellt eine Verkehrsstraftat dar, wofür es bislang sieben Punkte in Flensburg gab. Wenn der Gesetzgeber seine Intention wahr macht, dürfte es dafür in Zukunft keinen Punkt mehr geben, denn bei genauer Betrachtung führt eine Unfallflucht zu keiner Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit.

In Zusammenhang mit der Änderung des Punktesystems hörte man auch des Öfteren als Argument, dass mit dem neuen System eine differenziertere Bewertung von verschieden schweren Delikten erfolgen solle. Dies kann man nur als völligen Unsinn bezeichnen. Das Gegenteil ist der Fall. Wie soll auch ein System mit bis zu acht Punkten differenzierter sein als das bisherige mit bis zu 18 Punkten?

Bislang bekommt man schon bei einem relativ geringfügigen Geschwindigkeitsverstoß mit 21 km/h zu schnell einen Punkt. Man mag sich hierzu vor Augen führen, dass es dafür schon genügt, wenn man ein Tempo 30 Zone – Schild übersieht und drei Straßen später mit 51 km/h unterwegs ist. Daran ändert sich nichts. Bei dem zweifellos deutlich schwerwiegenderen und gefährlicheren Delikt einer Trunkenheit im Straßenverkehr bekommt man bislang neben Geldstrafe und Führerscheinentzug sieben Punkte. Zukünftig soll man für ein solches Delikt nur noch drei Punkte bekommen. Was soll hieran differenzierter sein? Ähnlich unverständlich dürfte es bei Delikten wie Nötigung laufen.

Ebenso unverständlich ist, warum man freiwillige und damit punkterabattierte Aufbauseminare abschafft. Zumindest die Praxis des Autors hat gezeigt, dass auffällige Kraftfahrer nach Besuch eines solchen freiwilligen Aufbauseminars in einer Fahrschule in der Folge nicht oder deutlich weniger durch Verstöße auffielen und ihr Punktekonto reduzieren konnten. Warum man diese Möglichkeit abschafft, ist unerfindlich.

Als Fazit kann man nur ziehen: Es gibt sicher im gegenwärtigen Punktesystem einige Schwachstellen, die man behutsam durch entsprechende Reformierung hätte ändern können. Die angestrebte Radikaländerung ist nicht nur überflüssig, sondern wird zu erheblichem Streitpotential schon bei ihrer Einführung führen. Denn es ist bspw. vollkommen unklar, wie eine „gerechte“ Umrechnung bisheriger Punkte erfolgen soll. Das Ergebnis wird sein, dass wie so oft vom Gesetzgeber angerichtete Unklarheiten und Lücken in der Rechtsprechung aufgearbeitet werden müssen.

Ein Radio-Interview des Autors zum neuen Punktesystem finden Sie hier.

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