Aktuelles 2/2016 (Blitzer Liebigstraße)

Seit inzwischen einigen Jahren gibt es im Bereich der Liebigstraße sowie angrenzender Straßen rund um die Kliniken der Universität Leipzig eine Tempo-20-Zone. Sehr häufig wird dort an allen möglichen und unmöglichen Stellen geblitzt. Bevor es vor einigen Jahren in diesem Bereich zu umfangreichen Baumaßnahmen kam, galt nur eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h. Aus diesem Grund war in den ersten Verfahren aufgrund dortiger Geschwindigkeitsüberschreitungen die zugrunde liegende verkehrsrechtliche Anordnung von Interesse. Und siehe da: Es gibt keine! Seitens der Behörde wurde in inzwischen mehreren Verfahren eine verkehrsrechtliche Anordnung vorgelegt, in welcher mit keinem einzigen Wort eine Tempo-20-Zone erwähnt wird. Auf einem dieser Anordnung zugehörigen Bauplan, welchen noch nicht einmal die Behörde erstellt hat, sind zwar die Standorte der aufgestellten Schilder eingezeichnet, aber auf welcher rechtlichen Grundlage diese Schilder dort stehen, ist unerfindlich. Dies wurde vom Autor in inzwischen mehreren Verfahren bemängelt, aber die Behörden sehen sich nicht veranlasst, für die dortige Tempo-20-Zone eine Rechtsgrundlage zu schaffen. Dies führte inzwischen schon zu mehreren Verfahrenseinstellungen, allerdings immer erst vor Gericht.
Hinzukommt, dass diese Tempo-20-Zone für Fahrzeugführer, welche dort noch nie waren, sehr überraschend ist. Zum einen sind die Schilder an manchen Stellen äußerst ungünstig angebracht und leicht zu übersehen. Zum anderen rechnet man auch nicht unbedingt damit, dass nur 20 km/h erlaubt sind, da eine solche Beschränkung alles andere als häufig vorkommt. Wenn seitens der Behörde dort geblitzt wird, erfolgt häufig auch nicht die Einhaltung des nach Sächsischer Verwaltungsvorschrift geforderten Abstandes von 150 Meter zwischen Schild und Messort. Wird hierauf von der Verteidigung hingewiesen, kommt als häufige Erwiderung, dass es ja von diesem Mindestabstand auch Ausnahmetatbestände gibt. Das ist durchaus richtig, aber bei Nachfrage schweigt man sich darüber aus, welcher Ausnahmetatbestand aus Sicht der Behörde denn vorliegen soll. In einer Hauptverhandlung trat neulich zutage, dass der betreffende Messbeamte keinerlei Kenntnis von diesen Vorschriften hatte. Hier stellt sich schon die Frage, wer denn sonst Kenntnisse haben sollte, wenn nicht der Messbeamte. Bei eingehender Befragung kam heraus, dass er schon einmal etwas von der Vorschrift gehört hatte, aber Genaueres nicht weiß. Auf den vorgeschriebenen Abstand angesprochen, wurde geäußert, dass dieser ja unterschritten werden dürfte, wenn ein die Geschwindigkeit beschränkendes Schild da steht. Das ist natürlich reichlich absurd, denn es wird ja gerade der Abstand zwischen Schild und Messort vorgeschrieben. Wenn wegen eines Schildes der Abstand unterschritten werden dürfte, ergäbe die ganze Vorschrift keinen Sinn. Auffällig bei dortigen Messungen ist auch der Umstand, dass es im Verhältnis zu den registrierte Durchfahrten sehr viele Verstöße gab. Mehr als ein Drittel der durchfahrenden Verkehrsteilnehmer hatten die Geschwindigkeit überschritten. Ein so hoher Anteil von Verstößen deutet meistens darauf hin, dass die Beschilderung übersehen wird. Eigentlich sollte dann die zuständige Behörde die gute Erkennbarkeit der Beschilderung überprüfen und ggf. nachbessern (bspw. durch Aufschriften auf dem Straßenbelag o. ä.). Vorliegend interessiert das offensichtlich niemand, stattdessen wird fröhlich weiter geblitzt und die Kassen klingeln.

Im Ergebnis muss man feststellen, dass das Ordnungsamt Leipzig hier ein sehr fragwürdiges Bild abgibt. Auf der einen Seite wird von Verkehrsteilnehmer die Einhaltung von Vorschriften verlangt, was legitim ist. Andererseite hat man selbst offenbar kein Problem damit, dass an jener Stelle eine Rechtsgrundlage für die Beschilderung fehlt, die Sächsische Verwaltungsvorschrift zur Überwachung des Straßenverkehrs nicht nur ignoriert, sondern vom Messbeamten noch nicht einmal gekannt wird und nachhaltige Indizien für eine problematische Erkennbarkeit der Beschilderung vorliegen, die eine Behörde eigentlich zum Handeln veranlassen sollten.

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