Augenblicksversagen

Obwohl tatbestandlich die Voraussetzungen für ein Fahrverbot gegeben sind, kann beim Vorliegen eines so genannten Augenblicksversagens das Fahrverbot entfallen, und zwar sogar ohne Erhöhung der Geldbuße.

Beim Augenblicksversagen ist die Einlassung des Betroffenen von Bedeutung. Wird am Aussageverweigerungsrecht im gesamten Verlauf des Verfahrens festgehalten, wird das Gericht nicht zur Annahme eines Augenblicksversagens gelangen können. Hier ist eine geeignete Einlassung des Betroffenen zwingend erforderlich, da das Gericht anderenfalls keine Anhaltspunkte dafür hat, dieser Frage nachzugehen.

 

Einige Beispiele aus der Rechtsprechung:

 

BGH vom 11.09.1997 (Az.: 4 StR 638/96)

Erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung:

Absehen von der Verhängung eines Regelfahrverbotes bei einfach fahrlässigem Übersehen eines geschwindigkeitsbeschränkenden Verkehrszeichens

Leitsatz:

1.

Die Anordnung eines Fahrverbots gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 StVG wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers kommt auch bei einer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BKatV erfüllenden Geschwindigkeitsüberschreitung nicht in Betracht, wenn die Ordnungswidrigkeit darauf beruht, dass der Betroffene infolge einfacher Fahrlässigkeit ein die Geschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeichen übersehen hat, und keine weiteren Anhaltspunkte vorliegen, aufgrund derer sich die Geschwindigkeitsbeschränkung aufdrängen musste.

2.

Die Bußgeldstellen und Gerichte brauchen bei einer solchen qualifizierten Geschwindigkeitsüberschreitung der Frage, ob die Tat auf einem lediglich einfach fahrlässigen Übersehen des die Geschwindigkeit beschränkenden Vorschriftszeichens beruht, nur auf eine entsprechende Einlassung des Betroffenen nachzugehen.

 

OLG Koblenz vom 03.03.2004 (Az.: 1 Ss 333/03)

Verkehrsordnungswidrigkeit:

Absehen vom Fahrverbot und Augenblicksversagen beim Rotlichtverstoß

 

Orientierungssatz:

1.

Das Absehen vom Fahrverbot bedarf einer auf Tatsachen gestützten Begründung. Dabei sind Tatsachen festzustellen, die als Grundlage der Gewichtung der Pflichtwidrigkeit in Erwägung zu ziehen sind.

2.

Der Tatrichter muss ein auf leichter Fahrlässigkeit beruhendes "Augenblicksversagen" bei einem Rotlichtverstoß nur dann in Erwägung ziehen, wenn sich hierfür Anhaltspunkte ergeben, oder (praktisch wichtiger) wenn der Betroffene dies im Verfahren einwendet. Ist es jedenfalls möglich, dass der Fahrer durch die Erkrankung seines Sohnes und die Suche nach einer Apotheke abgelenkt und darüber hinaus durch einen „Mitzieheffekt“ des für andere Fahrstreifen geltenden Grünlichts zu dem Rotlichtverstoß veranlasst wurde, so bedarf es im Hinblick auf die Frage, ob bei Berücksichtigung aller Umstände ein milder zu sanktionierendes Augenblicksversagen anzunehmen ist, einer genaueren Prüfung unter Berücksichtigung der Gegebenheiten am Tatort.

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