Aktuelles 2/2017 (LTI 20.20)

Im Oktober 2016 wurde ein Mandant im Bereich einer neuen 30 km/h - Geschwindigkeitsbeschränkung an einer Schule mit dem Lasermessgerät LTI 20.20 gemessen. Da bei diesem Messverfahren keine Beweisbilder gefertigt werden, erfolgt noch an Ort und Stelle das Herauswinken der vermeintlichen Verkehrssünder durch die Polizei. Im Falle des hiesigen Mandanten geschah dies auch noch im Beisein einer Schulklasse. Es gibt sicher schönere Momente. Nun war es hier aber so, dass der Mandant die neue 30 km/h - Beschränkung kannte, demzufolge auch gebremst hatte und sich ziemlich sicher war, nicht zu schnell gewesen zu sein. Allerdings stand am Tag der Messung im Bereich des Schildes ein großes Wohnmobil, welches das Schild weitgehend verdeckt hatte. Daher war der genaue Standort des Schildes für einen Fahrzeugführer gar nicht sichtbar. Bereits dies ist schon ein Ansatzpunkt für die Verteidigung und sicher auch kein Ruhmesblatt für die Messbeamten. Aber es kommt noch unglaublicher.
Eigentlich war die vorgeworfene Übertretung (42 statt 30 km/h) kein Grund für ein ausuferndes Verfahren. Aber was sich hier bei der Messung durch die Polizei auftat, war es dann doch würdig, näher untersucht zu werden. Nun muss man zunächst wissen, dass bei einem Lasergerät die Messung nicht am Standort des Polizeibeamten bzw. Messgerätes erfolgt sondern weiter vorn, wo das Fahrzeug in Annäherung anvisiert wird. Das Messgerät zeigt nach einer erfolgreichen Messung dann auch immer die gemessene Geschwindigkeit und die Entfernung, wo gemessen wurden, an. Das ist an für sich recht einfach, der Autor selbst hat schon im Rahmen einer Schulung mit einem solchen Gerät messen können. Aus dem Messprotokoll ergab sich, dass der Messbeamte 149,4 m hinter dem Schild gestanden haben will. Ein späteres Nachmessen mittels Laufrad soll dann sogar eine noch kürzere Distanz von 149,0 m ergeben haben. Eine für solche Messverfahren vorgesehene Auswerteliste, in welcher die Geschwindigkeitswerte und Messabstände eingetragen werden, existierte in der Akte nicht. Seitens der Polizei teilte man vorgerichtlich mit, dass man den Mandanten in einer Entfernung von 148,3 m gemessen habe. Das bedeutete, dass sich das Fahrzeug gerade einmal 70 cm (!) hinter dem Schild befunden hatte, als es zur Messung kam. Genau genommen befand sich das Fahrzeug dann noch nicht einmal hinter dem Schild. Allenfalls ein kurzes Stück der Fahrzeugfront war am Schild vorbei, da ein normaler PKW ca. 4,50 m lang ist. Zieht man hier noch in Betracht, dass nach der einschlägigen Sächsischen Verwaltungsvorschrift ein Abstand von 150 m vorgeschrieben ist, erscheinen 70 cm dann doch etwas sehr kurz. Zwar ist es so, dass unter bestimmten Voraussetzungen an Gefahrenstellen, wozu man diese rechnen konnte, auch in einer etwas kürzeren Distanz gemessen werden darf. Jedoch dürften 70 cm völlig indiskutabel sein. Schon die Rechtsfrage, ob es überhaupt einen Geschwindigkeitsverstoß darstellen kann, wenn der weit überwiegende Teil des Fahrzeuges am Schild noch gar nicht vorbeigefahren war, erschien interessant. 
Schließlich wurden diese Argumente schon vorgerichtlich ausführlich dargelegt, jedoch ohne Erfolg. Auch als die Sache bei Gericht war, wurde gerade mit Hinblick auf den Opportunitätsgrundsatz ausdrücklich angeregt, das Verfahren einzustellen. Dazu kam es jedoch nicht, weshalb die Verteidigung letztlich gezwungen war, einen umfassenden Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu stellen. Im Hauptverhandlungstermin stellte sich dann sogar heraus, dass der am Gerät angezeigte Entfernungswert den Wert des Messendes angibt. Dies bedeutete tatsächlich, dass der Betroffene hier nicht einfach nur unzulässig kurz hinter dem Schild gemessen wurde, sondern vielmehr sogar vor dem Schild als noch 50 km/h erlaubt waren. Natürlich konnte dies nur zu einem Freispruch führen. Wäre die Bußgeldstelle der schon vorgerichtlichen ausdrücklichen Anregung einer Einstellung nachgekommen, hätte die Staatskasse eine nicht unerhebliche vierstellige Summe für Sachverständigengutachten und Verteidigung sparen können.
Im Hauptverhandlungstermin stellte sich zudem noch heraus, dass der betreffende Messbeamte an diesem Tag Polizeischüler in die Bedienung des Messgerätes eingeführt hatte. Unabhängig davon, dass man einen kaum schlimmeren Fehler machen kann als noch vor dem Schild zu messen, wurden auch die in der Gebrauchsanweisung vorgeschriebenenen Tests nicht ordnungsgemäß durchgeführt, wie auch der Sachverständige feststellte.

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